Wir berliner
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Epilog – Zeitgenössische Kunst

Der Epilog der Ausstellung My, berlińczycy! Wir Berliner! Geschichte einer deutsch-polnischen Nachbarschaft erzählt von der Entwicklung des polnischen Kunstlebens in Berlin von 1980 bis heute. Ein panoramaartiger, exemplarischer Blick auf über 25 Jahre Kunst aus Polen in Berlin geht indirekt der Frage nach: „Wer ist Pole in Berlin?“

Der Versuch einer Definition polnischer Kunst gestaltet sich schwierig und ist immer mit der Frage verknüpft, ob nationale Zuschreibungen von Kunst und Künstlern überhaupt möglich sind. Nicht aber diese Frage, sondern die Suche nach „polnischen Spuren“ und nach der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Stadt Berlin im Werk des jeweiligen Künstlers zieht sich wie ein roter Faden durch diesen Teil der Ausstellung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Trennung der Welt durch den Eisernen Vorhang gab es lange Zeit nur einen bedingten Kunstaustausch zwischen Polen und Westberlin. Erst zu Anfang der 1980er Jahre änderte sich dies zunächst zaghaft, dann in immer schnelleren Schritten, als sich viele Polen – darunter auch Künstler und solche, die es noch werden sollten – in der Stadt an der Spree niederließen.

Berlin ist zu einem Schmelztiegel der Entwicklung zeitgenössischer Kunst geworden. Heute leben in Berlin viele Künstler mit polnischen Wurzeln unterschiedlicher Generationen, mit verschiedenen biografischen Hintergründen, die es innerhalb der letzten 25 Jahre in die Stadt zog. Sie alle tragen durch Galerien, Ausstellungen sowie durch Stipendienaufenthalte einen Beitrag zum kulturellen Leben der deutschen Hauptstadt bei.

Im Epilog werden wir Biografien und Werke einiger polnischer Künstler (sowie jener mit polnischen Wurzeln) beleuchten, die unterschiedlichen Generationen angehören und verschiedene künstlerische Konzepte vertreten.

Wir werden Künstler vorstellen, die schon in Polen Erfolg hatten und ihre Karriere nach der Ankunft in den 1980er Jahren in Berlin fortsetzten.
Dazu zählt die polnische Konzept-Künstlerin Ewa Partum, die den feministischen Diskurs ins Zentrum ihres Interesses stellt, mit dem sich der Betrachter in ihren zahlreichen Werken messen muss: Performances, Happenings, Straßenaktionen, Photografien oder visuelle Poesien. Ebenso ist hier Karol Boniatowski zu nennen, Autor eines der wichtigsten Symbole Berlins, des 1991 fertig gestellten Mahnmals an der Rampe zum Güterbahnhof des Bahnhofs Berlin Grunewald, das der Deportationen und Vernichtung der Berliner Juden in der Zeit des Nationalsozialismus gedenkt.

Und auch Jan Lenica – ein Klassiker der polnischen Plakatkunst und Autor experimenteller Animationsfilme. Seit 1986 war er Professor für Plakat und Grafik an der Hochschule der Künste in Berlin. Er verstarb 2001 in Berlin.

Das Ehepaar Roland und Alicja Schefferski sowie der Grafiker und Plakatdesigner Lex Drewinski mit seiner Frau Jadwiga sind Künstler, die noch in Polen ihre künstlerische Ausbildung abschlossen, aber von Berlin aus ihre Karriere starteten.
Andrzej Nowacki, Lila Karbowska und Roman Lipski, welcher durch die Unterstützung des berühmten Kunstsammlers Erich Marx zu einem etablierten Künstler wurde, bilden ein Beispiel für die Gruppe von Polen, die auf der Suche nach dem eigenen Glück nach West-Berlin kamen und hier als Autodidakten zu erfolgreichen Kunstschaffenden wurden.

Ebenso wird auch die jüngste Künstlergeneration vertreten sein, bei der nicht mehr die politische und wirtschaftliche Lage, sondern das Interesse an der künstlerisch so viele Möglichkeiten bietenden Metropole den Hauptgrund für die Wahl Berlins als Wohnort bildete. Dazu zählt Sławomir Elsner, einer der bekanntesten Vertreter der jungen Generation, zu dessen Werk Zeichnungen und Malerei zählen, wie auch der Baselitz-Schüler Joachim Reck. Beide wanderten als Kinder mit ihren Eltern aus Polen in die Bundesrepublik aus; in Deutschland haben sie ihre Ausbildung gemacht.

Mit dem bekannten polnischen Fotografen Krzysztof Zieliński, der von Berlin aus nach seiner eigenen Identität zwischen den Ländern sucht, und mit Ryszard Górecki können Beispiele für die bewusste Entscheidung des Weges aus Polen nach Berlin aufgrund der künstlerischen Attraktivität der Metropole an der Spree gegeben werden.

In der Ausstellung werden auch Werke der stark mit Berlin verbundenen, an vielen deutsch-polnischen Projekten arbeitenden Künstlergruppe URBAN ART vorgestellt.

Um einen historischen Rahmen zu schaffen und die Entwicklung des sich wandelnden polnischen Beitrags im Berliner Kunstleben aufzuzeigen, werden ebenso einige Hinweise auf die in der Vergangenheit stattgefundene künstlerische Aktivitäten wie Ausstellungen, polnische Kunstinitiativen und Galerien mit einem polnischen Profil gegeben.